Interview mit Timo le Brigande

01.09.09:: "Die Gefahr, den Boden unter den Füßen zu verlieren, ist groß"

Für Timo le Brigande hätte der Saisonstart nicht besser laufen können. Ehemals graue Maus im Mittelfeld, ist er nun Tabellenführer und betreut das Team der Stunde.
In "Nachgetreten" spricht er über eine mögliche Korrektur seiner Saisonziele, wie er mit undisziplinierten Spielern umgeht und warum Eren Derdiyok perfekt in sein System passt.


Nachgetreten: Guten Abend. Zunächst einmal Herzlichen Glückwunsch zur souveränen Tabellenführung.

Timo le Brigande:
Guten Abend. Vielen Dank.

NG:
 Häufig geht es nach einem solchen Traumstart bergab. Was werden Sie tun, damit Mannschaft und Fans jetzt nicht abheben?

Timo le Brigande: Dass die Fans und das Umfeld nach solch einem Saisonstart ins Träumen geraten, ich denke das ist durchaus normal und nachvollziehbar, da habe ich als Trainer wenig Einfluss und kann nur den mahnenden Zeigefinger heben und daran appellieren das wir noch nichts erreicht haben.
Bei meiner Mannschaft ist das natürlich etwas anderes. Auch hier ist die Gefahr, dass einige jetzt leicht den Boden unter den Füßen verlieren könnten, sehr groß, jedoch mache ich meiner Mannschaft auch klar, dass wir gerade einmal 4 Spieltage absolviert haben, d.h. es liegen noch ganze 30 vor uns. Zudem führe ich mit meinen Spielern viele Einzelgespräche und ich kann auch sagen, dass meine Mannschaft charakterlich und von der Einstellung her gesehen absolut intakt ist, d.h. sie weiß die Situation zu diesem Saisonzeitpunkt sehr gut einzuschätzen.

NG: In Ihrem Umfeld gibt es bereits zahlreiche Stimmen, die eine Korrektur der Saisonziele nach oben fordern, schließlich wäre der 5. Platz nach einem solch starken Saisonstart eine Enttäuschung. Wie stehen Sie zu diesem Thema?

Timo le Brigande: Das sehe ich anders und dagegen wehre ich mich auch ausdrücklich. Sicherlich haben wir einen Kader, der zu mehr in der Lage ist als Platz 5, aber damit dieser Fall dann auch eintritt, muss alles optimal laufen.
Es dürfen keine schweren Verletzungen auftreten und die Mannschaft müsste dafür konstant auf sehr hohem Niveau spielen. Natürlich traue ich ihr das zu, aber ich weiß, dass über eine komplette Saison gesehen sehr viel passieren kann und dass auch das nötige Quentchen Glück dazugehört. Von daher gesehen bleibe ich auch weiterhin bei unserem eindeutigen Ziel und das lautet Erreichen eines internationalen Startplatzes.
Sollten wir das verfehlen, dann kann man von einer Enttäuschung reden, denn man muss auch bedenken, dass internationales Parkett für unseren Verein noch unbetretenes Land ist.

NG: Kritiker werfen Ihnen vor, Ihr gesamter Erfolg hinge ausschließlich von 3-4 Ausnahmespielern ab, Ihr Team sei zu unausgeglichen. Sollten einmal 1 oder 2 dieser Spieler ausfallen, wäre Ihr bisheriger Erfolg schnell wieder zunichte gemacht. Was können Sie diesen Kritikern antworten?

Timo le Brigande: Es ist sicherlich richtig, dass wir vor allem im Mittelfeld auf enorme Qualität zurückgreifen können. Ich denke da vor allem an Tranquillo Barnetta, Mesut Özil und Zwetschge Misimovic. Um dieses Trio beneiden uns wohl viele und ich bin auch außerordentlich froh, diese Ausnahmekönner in meinem Kader zu haben.
Jeder einzelne von ihnen hat herausragendes Potential, das von enormer Bedeutung für uns ist. Aber diese Qualitäten und damit auch der Druck sind nicht nur auf diesen 3 Schultern verteilt. Wir haben mit Jens Lehmann, Josip Simunic, Patrick Ochs und auch mit Jo Mnari enorm viel Bundesliga-Erfahrung auf dem Platz und unsere erste Elf ist mit Erfahrung und jugendlichem Elan meiner Meinung nach sehr gut aufgestellt. Dass uns zu diesem Saisonzeitpunkt noch die Breite im Kader fehlt, um auf eventuell verletzungsbedingte längere Ausfälle reagieren zu können, ist durchaus richtig, jedoch arbeiten wir immer daran, diese Schwäche einzudämmen, zuletzt wurde dies an dem Transfer von Liberopoulus deutlich sichtbar.

NG: Planen Sie daneben noch weitere Transfers bzw. haben Sie überhaupt noch die Möglichkeit, sich weiter zu verstärken? Wenn ja, für welche Position wollen Sie einkaufen?

Timo le Brigande:
Weitere Transferaktivitäten in der Saison schließe ich nie komplett aus, dazu ist das Fußballgeschäft einfach viel zu schnelllebig.
Die Möglichkeiten, um uns weiter zu verstärken, haben wir durchaus und unsere Augen sind immer offen. Nachdem wir uns in der Defensive noch zusätzlich mit Steve von Bergen geeinigt haben, sind wir weiterhin an offensiv ausgerichteten Spielern interessiert. Es ist ja kein Geheimnis, dass unser Sturm doch recht wenig Möglichkeiten bietet und wir deshalb darauf momentan unser Hauptaugenmerk legen.

NG: Ihre Fans würden sich da sicher über eine "große" Lösung freuen. Halten Sie es für möglich, dass ein Arjen Robben demnächst Ihre Offensivabteilung beflügelt?

Timo le Brigande: Wie gesagt: Im Fußball sollte man nichts grundsätzlich ausschließen. Und über eine solch große Lösung würden sich sicherlich nicht nur unsere Fans freuen, jedoch halte ich es für nahezu ausgeschlossen, dass wir in diese Richtung investieren.
Ein Arjen Robben ist natürlich für jede Mannschaft ein enormer Qualitätssprung, doch genau dieser hat auch seinen stolzen Preis und dazu sind wir momentan nicht mehr in der Lage. Außerdem gehe ich davon aus, dass ein Kaliber wie Robben momentan bei vielen auf der Wunschliste ganz oben steht, um einen vielleicht nicht ganz so geglückten Saisonstart und Transfersommer nochmal in ein anderes Licht zu rücken und neu anzugreifen.

NG: Um bei Ihrem Sturm zu bleiben: Mit Eren Derdiyok taucht nur ein richtig guter Stürmer in Ihrem Kader auf. Sind Sie sicher, dass Sie damit durch die Saison kommen? Zittern Sie nicht bei jedem Zweikampf, dass er sich verletzen könnte?

Timo le Brigande:
Wir haben uns vor der Saison intensiv um Eren bemüht, damit er zukünftig seine Fußballschuhe für uns schnürt. Das haben wir natürlich nicht ohne Grund getan. Wir alle im Verein sind zu 100 % von Eren Derdiyok überzeugt, er besitzt unser vollstes Vertrauen. Er ist ein hochmoderner Stürmer, der großes Spielverständnis zeigt, eine exzellente technische Ausbildung genossen hat und einen sensationellen Torriecher hat. Seine Abschlussstärke war einer der Hauptgründe, ihn unter zu Vertrag zu nehmen.
Außerdem passt Eren absolut perfekt in unser System. Er gibt bei uns den Stoßstürmer der alle Freiheiten genießt und soll damit die perfekte Ergänzung für unser offensives Mittelfeld sein. Dies besteht auf den Flügeln aus Tranquillo Barnetta und Mesut Özil, die beide immer wieder viel rochieren und neben Eren abwechselnd als zweite bzw. dritte Spitze in den gegnerischen Strafraum eindringen sollen.
Dieses Trio wird dann noch flankiert von unserem Spielmacher Zwetschge Misimovic, der wohl der beste Vorlagengeber der Liga ist und somit unser System perfekt ergänzt. Und ein Misimovic, das darf man auch nicht vergessen, ist auch in jedem Spiel für ein Tor gut. Also wie sie sehen: Unser Sturm besteht nicht nur aus Derdiyok, einen großen Bestandteil unserer Offensive machen auch unsere Mittelfeldmotoren aus. Und mit Liberopoulus haben wir des weiteren noch einen sehr erfahrenen und leistungsstarken Ersatz verpflichten können.

NG:
 Das klingt nach einem durchaus gut durchdachten Konzept. Aber neben dem Sturm ist auch Ihre Abwehr in den letzten Tagen und Wochen in die Kritik geraten. Vor allem Noveski (Eigentor am 3. Spieltag) und Ochs, der wie zuletzt am 3. Spieltag immer für einen Ausraster gut ist, dürften auf Ihrer Stirn einige Sorgenfalten hervorrufen. Fehlt Ihnen dort vielleicht neben Simunic ein weiteres stabilisierendes Element?

Timo le Brigande:
Natürlich ist Josip Simunic unser unumstrittener Abwehrchef, mit seiner Erfahrung und Routine ist er absolut unentbehrlich.
Daneben haben wir mit Nikolce Noveski und Steve von Bergen zwei Akteure mit sehr großer Bundesliga-Erfahrung. Von beiden bin ich überzeugt, dass sie das Potential haben, neben Josip eine ordentlich Saison zu spielen und unserer Defensive die nötige Stabilität zu verleihen. Und Eigentore, wie das von Nikolce, nun gut, so etwas ist natürlich bitter, aber leider nicht zu vermeiden. Am meisten ärgert sich wohl der Spieler selbst darüber.
Und um auf Patrick Ochs sprechen zu kommen: Von ihm bin ich auch persönlich sehr enttäuscht. Ich habe mich vor der Saison sehr stark für ihn gemacht, er war einer meiner absoluten Stammkräfte. Er besitzt viel Erfahrung und verfügt über eine große Leistungsstärke. Ich habe mit ihm auch viel über sein Temperament auf dem Platz gesprochen und war eigentlich davon überzeugt, dass er sich mittlerweile im Griff hat und dass er reifer geworden ist. Leider ist dies nicht der Fall. Patrick wurde von uns mit einer empfindlichen Geldstrafe belegt und er muss sich jetzt erst einmal wieder hinten anstellen, zumal mit Du-Ri-Cha ein Konkurrent von ihm einen durchaus zufriedenstellenden Start hingelegt hat.

NG:
 Patrick Ochs ist leider kein Einzelfall. In der Anfangsphase dieser Saison häufen sich solche Vorfälle in Ihrem Team. Auch Jens Lehmann, der eigentlich mit seinem Alter ein Vorbild für Ihre jüngeren Spieler sein sollte, hat diese Erwartungen mit seinem Ellbogencheck gegen Subotic enttäuscht. Einige Experten sprechen bereits von einem Disziplinproblem. Wie stehen Sie dazu?

Timo le Brigande:
Dieses Thema nehme ich sehr ernst und gehe damit auch offensiv um. Auch mit Jens habe ich bereits intensiv gesprochen und ihm klargemacht, welche Funktion er für uns auf dem Spielfeld hat. Wie Sie richtig erkannt haben, fungiert er vor allen Dingen auch als Vorbild, und mit solchen Aktionen wird er diesem sicher nicht gerecht. Auch wenn Torhüter eine sehr spezielle Spielerklientel sind, müssen sie sich an die Spielregeln halten, und zwar nicht nur an die externen, sondern auch an die internen.
Ich kann zwar verstehen, dass Jens in seiner letzten Saison als aktiver Fußballer noch einmal großes erreichen will und dafür alles aus sich herausholt, dennoch sollten gewisse Grenzen einfach nicht überschritten werden. Dafür bin ich als Trainer verantwortlich und ich bin überzeugt, dass Jens in Zukunft sein Temperament in die richtigen Bahnen lenken wird. Eine Geldstrafe wurde ihm seitens des Vereins genauso wie Patrick Ochs auferlegt.

NG: Sollte sich Lehmann erneut einen solchen Ausrutscher leisten, dürfte mit einer Sperre zu rechnen sein. Daher liegt es nahe, auf die Fähigkeiten Ihrer Ersatztorhüter zu schauen. Denken Sie, dass diese in der Lage wären, Lehmann erfolgreich zu vertreten?

Timo le Brigande: Auf jeden Fall. Mit Alexander Stolz und Sven Ulreich haben wir zwei sehr talentierte Nachwuchskräfte, die bei uns eine hervorragende Förderung genießen und jederzeit dazu bereit wären, in der Liga einzuspringen.
Ein Sven Ulreich beispielsweise verfügt schon über eine gewisse Bundesliga Erfahrung und er weiß genau, was auf ihn zukommen würde. Dennoch muss ich auch betonen, dass ich davon ausgehe, dass ein solcher Fall nur eintreten wird, falls sich unsere Nummer 1 Jens Lehmann verletzen sollte.

NG: Die Saison ist noch jung, dennoch kann man schon jetzt sagen, dass Sie um den Titel zumindest mitspielen werden. Welche Teams sehen Sie als größte Konkurrenz im Kampf um die Tabellenspitze?

Timo le Brigande: Da gibt es so einige, die das Potential für den Platz an der Sonne haben. In aller erster Linie ist natürlich der Titelverteidiger und Meister der letzten 2 Jahre, John Gates, zu nennen. Aber auch Leute wie Dagobert Duck, Stefan Mourinho und The Q sind ernsthafte Titelkandidaten, die ich auf der Rechnung habe. Letztendlich denke ich wird es diese Saison bis zum letzten Spieltag sehr spannend und ein offener Kampf und wer weiß, vielleicht gelingt dem ein oder anderen auch eine Überraschung.

NG:
 Für viele war es gar nicht mal solch eine Überraschung, Ihr Team ganz oben an der Spitze zu sehen. Viel Überraschender kam da der Absturz von Manager Patrick. Spielte er vergangene Saison noch ganz oben mit, so findet er sich jetzt im Tabellenkeller wieder.
Wo sehen Sie die Ursachen für seinen Misserfolg und halten Sie sein Team für stark genug, sich aus der Krise zu befreien, um eventuell doch noch einen Platz in der oberen Tabellenregion zu erreichen?

Timo le Brigande: Auch für mich war der Saisonstart von Patrick überraschend. Er setzt auf einen relativ kleinen Kader und geht mit Verpflichtungen wie denen von Maniche, Toni Kroos und Arthur Wichniarek ein großes Risiko ein, denn da bleibt nicht viel Platz für Eingewöhnungszeit oder Ähnliches, da ist Leistung von Anfang an notwendig. Wenn diese wie im Fall Patrick aus welchen Gründen auch immer nicht zustandekommt, dann muss man sich erst einmal hinten anstellen und vor allem Geduld zeigen.
Aber ich denke, Patrick hat genug Erfahrung und Leistungsstärke, um aus solch einem Loch wieder herauszukommen, einen ersten Schritt hat er ja mit der Verpflichtung von Aliaksander Hleb bereits gemacht. Aber ich als Außenstehender kann da auch nur spekulieren und deshalb möchte ich das nicht weiter vertiefen, Patrick wird selbst am besten wissen, was zu tun ist.

NG: Nachdem Sie sich im B.O.C.-League-Pokal am ersten Spieltag knapp gegen Rich durchsetzen konnten, erwartet nun jeder gegen den Tabellenvorletzten Bene einen klaren Sieg. Rechnen Sie mit einem Selbstläufer oder überwiegt eher die Angst vor einer Blamage? 

Timo le Brigande: An meine Mannschaft geht der klare Appell, dass es im Pokal keine Selbstläufer gibt. Egal, was in der Medienlandschaft geschrieben oder gesprochen wird, meine Mannschaft wird genau wissen, was auf sie zu kommen wird.
Bene hat eine schlagkräftige Truppe mit den Stützen Enke, Rolfes und Marin. Solch einen Gegner darf man unter gar keinen Umständen unterschätzen, im Gegenteil, man muss hellwach sein, von der ersten bis zur letzten Minute. Mein Team wird mit der richtigen Einstellung und Taktik von mir vorbereitet auf den Platz gehen und versuchen, gleich von Beginn an dem Gegner ihr Spiel aufzudrücken und das Tempo zu bestimmen. Mit unseren Möglichkeiten sollten wir dann durchaus in der Lage sein, Bene in die Schranken zu weisen, was natürlich auch unser klares Ziel ist.

NG: Die B.O.C.-League ist mit einer derben Niederlage in die WM-Qualifikation gestartet. Denken Sie, sie kann sich trotzdem noch für die WM qualifizieren?

Timo le Brigande:
Ich denke, das wird leider eine fast unlösbare Aufgabe. Die Gegner in der Qualifikation sind allesamt enorme Brocken und es muss an jedem einzelnen Spieltag schon alles optimal laufen, damit die B.O.C.-League eine Chance hat. Nichtsdestotrotz sollte man nie den Kopf in den Sand stecken und immer positiv denken, denn wie heißt es so schön, im Fußball ist alles möglich.

NG: Dann bedanke ich mich für Ihre Zeit und wünsche Ihnen und Ihrem Team noch viel Glück und weiterhin eine erfolgreiche Saison.

Timo le Brigande:
Ich bedanke mich ebenfalls, hat mich sehr gefreut. Vielen Dank.

Das Interview führte Bene.

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