04.09.08: "Wir werden das Kind schon schaukeln"
Das aktuelle Tabellenschlusslicht Henrik über den Umschwung in seinem Verein, den überraschenden Abgang von Mladen Petric und warum Mohamed Zidan unter ihm wieder aufblühen wird.
Nachgetreten: Guten Tag, Henrik. Wir freuen uns, Sie hiermit beim Interview des Monats begrüßen zu dürfen.
Henrik: Ja, Grüß Gott, so wie man es ja in Ihrer Gegend sagt! Ich freu mich auch auf die Fragen.
NG: Gleich mal eine Frage zu Ihrer derzeitigen Situation.
Sie sind derzeit Tabellenletzter und gelten als aussichtsreicher Kandidat, dies auch erstmal zu bleiben. Wie wollen Sie sich in der Tabelle weiter vorarbeiten? Welche Mannschaften sehen Sie generell schwächer als Ihre?
Henrik: Also vorab ist mir die Tabellensituation recht egal! Es gab vor kurzem einen richtigen Umschwung im Verein, der mehr oder weniger still und heimlich vollzogen wurde. Das Präsidium und der Trainer wurden in der Sommerpause ausgetauscht, wenige Wochen nach meinem Amtsantritt. Und jetzt gilt es erstmal, die Fehler unserer Vorgänger ein bisschen auszumerzen und dann eine hoffnungsvolle Truppe auf den Platz zu stellen. Dann werden schon irgendwann von alleine die Punkte kommen. Da machen wir unserem Trainer und den Jungs keinen Druck!
NG: Ihre Einkaufspolitik stößt in den Medien und bei Ihren Fans auf viel Kritik. Petric hat völlig überraschend den Verein verlassen, bisher ist Zidan der einzig nennenswerte Neuzugang. Wie groß ist die Lücke, die Petric hinterlässt? Warum wurde er verkauft? Es soll persönliche Differenzen zwischen Ihnen und ihm gegeben haben, was ist da dran?
Henrik: Also das ist soweit richtig. Das Klima, was Mladen, den ich aber sehr schätze, verbreitet hat, war nicht immer positiv und da haben wir uns einfach entschlossen, ihn zu verkaufen. Als dann noch Angebote kamen, wurde der Schritt getätigt. Wir denken, für ihn war es die richtige Entscheidung und wir sind auch nicht so schlecht dabei weggekommen. Naja und in Sachen Neuzugängen denken wir, dass Mohamed (Zidan, die Red.) durchaus unter unserem Trainer Erfolg haben kann. Das hat er vor ein paar Jahren schonmal gezeigt, und die restlichen sind ja auch hoffnungsvolle Leute, deren Zeit noch kommen wird!
NG: Nun zu Ihrem Kader. Wo haben Sie noch Verstärkungen nötig? Es waren vor kurzem einige interessante Spieler auf dem Markt, z.B. Olic oder Misimovic, die nun zu anderen Clubs gewechselt sind. Haben Sie nie nachgedacht, einen davon zu einem Wechsel zu Ihrem Team zu bewegen, oder war das finanziell einfach nicht machbar?
Henrik: Wir sind ein sehr kleiner Verein, wo das finanzielle Budget sehr knapp bemessen ist. Daher hatten wir da sehr wenig Handlungsspielraum, aber wir können unsere Fans vertrösten: Es werden demnächst noch Verhandlungen kommen, und die werden auch Erfolg haben!
NG: Haben Sie bestimmte Spieler schon im Auge? Bordon, Engelaar oder Thiago Neves, um nur ein paar zu nennen, sind noch vereinslos. Wären das Kandidaten für Ihre Mannschaft?
Henrik: Ich denke, Sie werden verstehen, dass wir keine Namen und Sonstiges sagen werden, bevor nichts unterschrieben ist.
NG: Selbstverständlich.
Durch den Abgang von Petric sollte ja noch einiges an Geld da sein. In welche Stelle des Kaders soll dieses investiert werden?
Henrik: Ohne, dass unterschrieben ist, werden wir in der Öffentlichkeit nicht diskutieren!
NG: Aber Sie müssen doch wissen, auf welchen Positionen noch Verstärkung nötig ist. Wo gibt es noch Korrekturbedarf?
Henrik: Ich sag mal spaßeshalber, wenn man nach ganz oben will, dann wahrscheinlich überall... (lacht)
NG: Das ist wohl wahr. Ich sehe schon, ich kann Ihnen nicht wirklich viel entlocken, was Ihre Transferpolitik in Zukunft angeht. Dann machen wir jetzt mit Fragen zu einigen Spielern Ihrer Mannschaft weiter!
Christian Fuchs haben Sie in die B.O.C.-League gelotst. Wie erklären Sie sich seinen Aussetzer am 3. Spieltag? Haben wir hier einen neuen van Bommel? Was werden Sie tun, um ihn zu mehr Disziplin zu bringen?
Henrik: Christian ist ein sehr junger Spieler, gerade mal 22 Lenze alt, und das war ein einmaliger Ausrutscher in einem hitzigen Spiel. Wir haben mit dem Spieler darüber gesprochen, und er hat versprochen, dass es nicht mehr vorkommen wird. Und dass man ihn mit dem Holländer vergleicht ist, milde ausgedruckt, unverschähmt. Als ich das las, bin ich fast an die Decke gegangen. Aber so sind halt die Medien.
NG: Wie kam die Verpflichtung von Alex Meier zustande? Seit Monaten befindet er sich mehr auf dem OP-Tisch als auf dem grünen Rasen. Was macht Sie so sicher, dass er nach seiner Verletzung wieder längere Zeit zur Verfügung steht?
Henrik: Wir hatten Alex schon länger auf dem Zettel und wissen, dass er ein guter Mann ist. Man muss nur mal seine Torbilanz ansehen, die ja für einen Mittelfeldspieler nicht so schlecht ist. Und unser Trainer baut auf ihn, von daher waren wir einverstanden und Alex selber war von dem Konzept unserers Trainer sofort begeistert und hat keine Sekunde gezögert.
NG: Mohamed Zidan war letzte Saison einer der Totalausfälle der Liga. Welche Erwartungen haben Sie an ihn und warum soll er diese von heute auf morgen erfüllen können? Wie bringen Sie ihn dazu, sein Potenzial abzurufen?
Henrik: Das erwähnte ich ja bereits. Mohamed ist ein Spieler, der sehr viel Vertrauen braucht. Das hat er bei uns, und das hat er bei unserem jetzigen Trainer ja schon mal bewiesen. Also da habe ich absolut keine Sorgen.
NG: Ist Barnetta ein kommender Superstar? Und ist er auch der Leader in Ihrem Team?
Henrik : Tranquillo wird und ist neben Naldo und Tim (Wiese, die Red.) unsere Stütze in der Mannschaft, auf den wir bauen werden. Er ist ein junger und talentierter Mann, von dem wir Verantwortung verlangen.
NG: Zwischen Tranquillo Barnetta und Ihnen besteht bekannterweise auch eine persönliche Freundschaft. Wie sieht es aus, wenn er mal schlecht gespielt hat? Leidet auch die Freundschaft darunter?
Gehen Sie dann auf Abstand? Wie sieht das konkret aus? Und: Gibt es keine Probleme mit anderen Spielern, die Ihnen deshalb mangelnde Objektivität bei der Mannschaftsaufstellung vorwerfen?
Henrik: Das ist richtig, dass ich mehr ein Kumpeltyp bin und mit mehreren meiner Jungs ein freundschaftsliches Verhältnis habe, und das nicht nur zu Tranquillo. Klar, zu dem einen mehr, zu dem anderen weniger, aber das besteht nur in der Freizeit. Auf dem Platz rede ich mit jedem gleich. Genauso, wie ich jeden Spieler zwar mit dem Vornamen anrede, aber auch mit "Sie", so tun die Jungs das auch bei mir. Daher klappt das schon ganz gut so.
NG: Sie reden Ihre Spieler mit "Sie" an? Das ist schon sehr ungewöhnlich, warum ist das so bei Ihnen?
Henrik: Ungewöhnlich finde ich das jetzt nicht. Wir sind doch keine Kreisliga-Mannschaft, wo man jeden noch aus dem Kindergarten kennt. Wir sind Profis, und da ist das doch meines Erachtens normal. In jeder Firma wird der Chef doch auch gesiezt, also auch hier. Aber das soll nicht heißen, das wir neben dem Platz keinen Spaß haben, da müssen sie nur mal unsere Kabinenfeste miterleben (lacht).
NG: Sie haben aber gesagt, dass Sie die Spieler auch mit "Sie" anreden?
Henrik: Ja.
NG: Dass Spieler "Sie" zum Trainer sagen, ist ja Gang und Gäbe, aber andersherum?
Henrik: So wie sie mich, so ich sie. Ich hab damit auch absolut kein Problem. Das ist ja nur auf dem Platz und in der Besprechung.
NG: Ok, das ist schon sehr selten, dass der Trainer seine Spieler auch mit "Sie" anredet, der Trainer soll ja auch eine Respektsperson sein? Und wenn die Spieler auch gesiezt werden, geht da nicht der Status des eigentlich höherstehenden Trainers verloren, und damit auch der Respekt?
Henrik: Klar, aber ich will nicht ausschliessen, dass wir das mal ändern. Aber so vom mannschaftlichen her fahren wir so derzeit ganz gut.
NG: Wenn es dem Team-Gefüge nicht schadet, dann ist das natürlich in Ordnung.
Henrik: Das ist korrekt.
NG: So, jetzt sind wir etwas vom Thema abgekommen. Ich habe noch einige Fragen zu einzelnen Spielern:
Jonas Kamper ist einer der Lieblinge Ihrer Fans. Wird er in Zukunft mehr Einsätze bekommen, als das in den ersten 3 Spieltagen der Fall war?
Henrik: Nur weil jemand Liebling der Fans ist, ist er doch nicht gleich aufgestellt. Die Leistung muss stimmen, und das sehen wir dann immer kurz vor dem Spiel.
NG: Was denken Sie, wieviel Zeit Ihr Talent Levan Kenia noch braucht, um sich in die erste Elf zu spielen?
Henrik: Levan ist, wie Sie schon sagen, ein sehr hoffnungsvolles Talent, was wir langsam aufbauen werden. Er wird vielleicht erstmal in der Amateur-Mannschaft aktiv sein, aber im Laufe der Saison wird er durchaus seine Chancen bekommen. Das sind auch unsere Vorgaben des neuen Vorstandes, dass wir mehr auf die Zukunft schauen, um langfristig unsere intern besprochenen Ziele zu erreichen. Auch so ein Beispiel ist Kevin Wolze, der auch ein sehr hoffnungsvolles Talent im Mittelfeld ist.
NG: In der Torschützenwertung liegen Sie gemeinsam mit Rich auf dem letzten Platz. Ist der alternde Gerald Asamoah wirklich der Richtige, um dies zu ändern?
Henrik: Zum Thema Asamoah muss man klar sagen: Er ist ein Kämpfer, er wird sich durchbeißen und seine Punkte holen, daran glaube ich. Er ist zwar bei vielen ein Feindbild, aber er macht das schon. Die Torschützenwertung ist doch nur mehr so ein Wettbewerb nebenbei, oder legt da jeder sein Hauptaugenmerk drauf? Und die Saison ist doch lang...
NG: Naja, der Wettbewerb gilt doch schon als sehr prestigeträchtig und es gibt auch stattliche Prämien für ein gutes Abschneiden.
Ist dieser Wettbewerb für Sie wirklich nur Nebensache?
Henrik: Was soll ich dazu jetzt sagen? Scheiße, wir müssen uns verschulden und nur Torjäger holen, damit wir da bloß gewinnen oder halt drauf achten, dass man allgemein irgendwie gut aussieht?
NG: Das natürlich nicht. Die Frage war nur, ob Gerald Asamoah auf Dauer der Richtige im Sturm ist? Denn die Stürmer sind es ja, die die Tore letzten Endes schießen, und viele Tore sind natürlich im Umkehrschluss gut für die Torjägerwertung.
Henrik: Wir haben uns derzeit für Asa entschieden und den Rest muss man mit der Zeit sehen. Man will nie ausschließen, dass es mal Veränderungen gibt, aber das wird sich mit der Zeit ergeben.
NG: Ok, jetzt hab ich noch eine Frage zu Ihrem Torwart.
Trauen Sie Tim Wiese zu, die Nr. 1 im deutschen Tor zu werden? Wenn ja, warum?
Henrik: Ich ziehe derzeit 3-5 Leute in Betracht, die Nummer 1 zu werden, darunter natürlich auch Tim. Und warum? Weil er ein guter Mann ist, da gibts doch nichts zu diskutieren, aber es hat natürlich jeder seine Vor- und Nachteile.
NG: Ja, da haben alle Anwärter ihre Vor- und Nachteile, das ist wahr. Jetzt noch einige allgemeine Fragen zum Geschehen in der Liga. Welche Teams aus der B.O.C.-League haben Sie an den ersten 3 Spieltagen positiv, welche negativ überrascht?
Henrik: Positiv sind doch die Mannschaften, die oben sind, und negativ die, die unten sind. Daher will ich es bei dieser Antwort belassen, weil die Zeit noch sehr kurz war, um das Ganze genauer zu analysieren.
NG: Im ersten Pokalspiel treffen Sie auf Patrick. Wie sehen Sie realistischerweise Ihre Chancen? Was haben Sie Diego, Frings, Grafite und Pizarro entgegenzusetzen? Wen finden Sie generell aus Ihrer Pokalgruppe schlagbar und wie schätzen Sie Ihre Chancen aufs Erreichen des Viertelfinals ein?
Henrik: Auch "Stars" können einen schlechten Tag haben, deswegen sehe ich so etwas nie sehr dramatisch entgegen. In Sachen Viertelfinale denke ich eher von Spiel zu Spiel. Lassen Sie uns kuz vorher noch mal drüber reden, wenn es so weit ist.
NG: Dann kommen wir da nochmal drauf zurück, wenn Sie es bis in die K.O.-Phase schaffen sollten.
Henrik: Genau, ich bin immer bereit für ein nettes Interview.
NG: In Ordnung, nun zu Ihren Zielen. Sie haben als Saisonziel Platz 5-8 der Gesamtwertung und das Erreichen des B.O.C.-League-Pokal-Viertelfinals ausgegeben. Wie optimistisch sind Sie, wegen den derzeitigen Problemen diese Ziele nicht aus den Augen zu verlieren?
Henrik: Die Umstrukturierung des Vorstandes hat natürlich Einiges durcheinander geworfen. Das war nötig, daher geben wir derzeit keine genauen Ziele aus. Die Medien können dichten was sie wollen, wir bleiben bescheiden und sagen nichts.
NG: Noch eine letzte Frage: Was sagen Sie zu dem Abschneiden unserer heimischen Liga im ersten EM-Spiel gegen die More Than A Game - Liga, wo ein 2:2 erreicht wurde?
Henrik: Ich kenne und kannte die gegnerische Mannschaft vorher so nicht, aber das ist ein Ergebnis, auf das man aufbauen kann, um die nächsten Spiele zu gewinnen. Und das werden wir auch schaffen!!!
NG: Gut, damit wären wir am Ende des Interviews angelangt.
Vielen Dank, Henrik, dass Sie uns einen Einblick in Ihre Team-Philosophie gegeben haben, und wir wünschen Ihnen hiermit viel Glück und Erfolg, auf dass sich die schwierige Situation bei Ihnen bald verbessern wird!
Henrik: Vielen Dank ebenfalls. Ich denke, wenn unser neuer Vorstand langsam jetzt in Fahrt ist, dann läuft das schon und wir werden das Kind schon schaukeln.
NG: Das wünschen wir Ihnen!
Henrik: Danke.
Das Interview führte Patrick.